Digitalisierung zum Anfassen

Der virtuelle Mitarbeiter

In Ridley Scotts Science-Fiction-Klassiker „Alien“ wenden sich die Besatzungsmitglieder des Raumfrachters Nostromo immer wieder an „Mutter“, den allwissenden Bordcomputer, der jede ihrer Fragen mit sanfter, gutmütiger, eben mütterlicher Stimme beantwortet – Charaktereigenschaften, die man eher nicht mit einem Roboter verbindet, und die es den Raumfahrern erleichtern sollen, das Misstrauen gegenüber der maschinellen Intelligenz abzulegen. Die Idee, dass Maschinen menschlich werden oder zumindest sehr gut darin, die Illusion von Menschlichkeit zu erwecken, ist mit ChatGPT in greifbare Nähe gerückt. Bereits in der letzten Ausgabe gab ich einen Ausblick darauf, wie die Software unsere Geschäftswelt verändern wird. Eine sehr konkrete Möglichkeit stelle ich heute vor: Machen Sie ChatGPT zu Ihrem Mitarbeiter!

Seit einigen Wochen haben wir ein neues Teammitglied in den Reihen von App Logik: Es hört auf den Namen „Olibot“, ist Programmierer und sehr gefragt in unserem firmeninternen Chatprogramm. Ein bisschen erinnert er an seinen Vater, unseren Chefprogrammierer Oliver, der ihn mit seinen Programmierkenntnissen gefüttert hat. Wann immer unsere Mitarbeiter eine Frage haben, einen Ratschlag, eine Einschätzung oder auch nur eine dritte Meinung brauchen, können sie sich an Olibot wenden, der sich stets freut, wenn er sich ins Gespräch einschalten darf. Manchmal gestatten wir es ihm auch, sich eigenständig an unseren Chats zu beteiligen: Er meldet sich dann zu Wort, wenn er es für passend hält, genauso, wie es ein Kollege eben tut. Olibot ist natürlich ein Roboter, den wir mittels ChatGPT programmiert und dann über eine Schnittstelle in unseren Firmenchat integriert haben. In anderen Firmen könnte es analog einen Andybot, einen Peterbot oder einen Steffibot geben, mit den jeweiligen Fachgebieten Design, Buchhaltung oder Maschinenbau.

Chatbots sind keine Neuheit mehr: Schon seit einigen Jahren nutzen Unternehmen sie auf ihren Webseiten, um Kunden zu begrüßen, sie zur Kontaktaufnahme einzuladen oder einfache Fragen zum Leistungs- oder Produktangebot zu beantworten. Mit ChatGPT treten diese noch sehr rudimentär agierenden Bots nun in eine ganz neue Entwicklungsstufe. Sie verfügen, wenn man das möchte, über enzyklopädisches Wissen in den verschiedensten Fachgebieten und haben sogar eine eigene Persönlichkeit, die man an der Art, wie sie antworten, erkennt. Sie möchten mit Ihrem Chatbot unfreundliche Kunden abwimmeln? Kein Problem: Bringen Sie Ihrem Bot einfach bei, dass er unfreundliche Anfragen ebenso unfreundlich beantwor- tet! Sie könnten ihren Bot sogar in verschiedenen Sprachen oder in Reimform antworten lassen. Aber die Einsatzmöglichkeiten gehen weit über die bloße Fragenbeantwortung hinaus: interne Wissensvermittlung, Recherche, Texterstellung, -zusammenfassung oder -analyse, Brainstorming – theoretisch ließe sich ein gut programmierter Bot sogar zur ersten Einschätzung von Rechtsfragen einsetzen. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass man sich nicht vollständig von ihm abhängig macht und einen menschlichen Fachmann hinzuzieht. Aktuell ist die Version ChatGPT 4 herausgekommen, deren Sprachmodell gegenüber dem Vorgänger noch einmal deutlich verbessert ist. Wir erwarten jetzt mit Spannung die Verknüpfung mit bildgebenden Bots sowie eine Erweiterung, die es erlaubt, auch große Datenmengen in ChatGPT zu überführen: Dann wird es nämlich möglich werden, auch Grafiken mit ChatGPT zu erstellen und diese etwa über weitere Spracheingaben zu modifizieren, bis man das gewünschte Ergebnis hat. Mithilfe solcher Plug-ins können wir viele aktuelle Daten aus Börse, Sport und Wissenschaft in unseren Olibot laden.

Meinen Aufruf aus der letzten Kolumne kann ich nur noch einmal wiederholen: Künstliche Intelligenz wird unsere Welt in den nächsten zwei bis fünf Jahren massiv verändern. Unternehmen, die es versäumen, sich mit den Möglichkeiten zu beschäftigen und zu prüfen, wie sie Programme wie ChatGPT für sich einsetzen können, werden vom Wettbewerb überholt werden. Gern beraten wir Sie zu möglichen Einsatzgebieten und erörtern die technische Machbarkeit. Und wenn Sie wünschen, programmieren wir Ihnen schon bald Ihren digitalen Mitarbeiter. Er muss ja nicht unbedingt Mutterqualitäten haben.

Viele Grüße, Christopher Borchert

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